In der letzten Sitzung vor der Sommerpause durfte ich meine erste Rede im Landtag halten. Hintergrund war der Antrag der SPD-Fraktion zu den geplanten Schließungen der Vallourec-Werke in Mülheim und Düsseldorf.
Folgend meine Rede im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es gibt viele Aspekte im Antrag der SPD-Fraktion, die wir als Grüne unterschreiben können.
Im Ruhrparlament, in Mülheim und auch in Düsseldorf hat es von allen Fraktionen getragene Resolutionen und Beschlüsse zu den geplanten Vallourec-Schließungen gegeben, in denen Bund und Land dazu aufgerufen werden, in dieser Sache aktiv zu werden. Dem tragen wir mit unserem Entschließungsantrag Rechnung. Dem hat und wird die Landesregierung Taten folgen lassen.
Der Antrag der SPD-Fraktion ist aber ein Trojanisches Pferd. Es geht Ihnen nicht um die Beschäftigten bei Vallourec.
(Zwischenrufe aus der SPD-Fraktion)
Es geht Ihnen um die erneute Einbringung Ihres ominösen 30-Milliarden-Euro-Pakets, zu dem Sie bis heute ein schlüssiges Konzept schuldig geblieben sind. Auch in Ihrem vorliegenden Antrag unternehmen Sie nicht einmal den Versuch, den Eindruck zu erwecken, Sie wüssten, was Sie da eigentlich vorhaben.
(Zwischenrufe aus der SPD-Fraktion)
Die SPD spricht von aktiver Industriepolitik. Was Sie hier mit „aktiver Industriepolitik“ meinen, mag vielleicht in den 1970er-Jahren noch auf der Höhe der Zeit gewesen sein. Aber den Herausforderungen der Klimakrise und des klimaneutralen Umbaus der Industrie, der großen Herausforderung, grünen Wasserstoff zum wettbewerbsfähigen Brennstoff der Zukunft zu machen und damit die Industrie von morgen mit den Menschen von Nordrhein-Westfalen und für die Menschen in Nordrhein-Westfalen zu ermöglichen, werden Sie nicht gerecht. Nur mit Geld zu winken, wenn Unternehmen mit Werksschließungen, mit Massenentlassungen und mit dem Weggang in Staaten mit zweifelhaften Prinzipien und niedrigen Standards drohen, reicht nicht aus, um unsere Industrie vor Ort wettbewerbsfähig zu halten, und reicht erst recht nicht aus, um NRW zum gefragten Hotspot für klimaneutrale Industrie zu machen.
Gerade bei diesen zentralen Zukunftsthemen müssen wir den Blick in die Zukunft richten, ohne dabei Gegenwart und Vergangenheit außer Acht zu lassen, und die Beschäftigten von Vallourec, von Kostal und von zahlreichen weiteren Industrieunternehmen bei allen Prozessen einbeziehen und von ihrem einmaligen Know-how bei der Transformation profitieren.
In den Kommunen ist es – wie zuletzt in Gladbeck – immer wieder die SPD, die den Ausbau der Erneuerbaren massiv ausbremst. Die SPD zeigt auch mit diesem Antrag, dass sie sich der Bedeutung des Ausbaus der Erneuerbaren für den Industriestandort, der Bedeutung der Erneuerbaren für die Zukunft der Stahlindustrie, der Bedeutung der Erneuerbaren für die Wasserstoffregion Ruhr, der Bedeutung der Erneuerbaren für soziale Sicherheit in diesem Land noch immer nicht voll bewusst ist.
Nachhaltige Energiepolitik ist Wirtschaftspolitik, nachhaltige Energiepolitik ist Sozialpolitik, und nachhaltige Energiepolitik ist auch aktive Industriepolitik.
Gemeinsam mit der neuen Landesregierung, gemeinsam mit den Beschäftigten, gemeinsam mit den Gewerkschaften, gemeinsam mit den Unternehmen werden wir dafür arbeiten, dass Nordrhein-Westfalen ökologisch und ökonomisch gestärkt aus diesen Krisen hervorgeht und die Zahl der Industriearbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen und insbesondere auch im Ruhrgebiet wieder zunimmt. NRW hat seine beste Zeit noch vor sich: als erste klimaneutrale Industrieregion der Welt.
Wir werden Ihren Antrag ablehnen, weil er nicht hält, was er verspricht. Wir werden für unseren Entschließungsantrag stimmen. Wir stehen an der Seite der Vallourec-Beschäftigten.
Diese Landesregierung wird alles in ihrer Macht Stehende für die Vallourec-Beschäftigten und für die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts NRW tun. Denn darin liegt ein ganz zentraler Schlüssel zur Bekämpfung der Klimakrise. Das ist die wichtigste Lehre aus den geplanten Schließungen der Vallourec-Werke, und es ist ein Grundpfeiler für mehr soziale Gerechtigkeit in unserem Land. Lassen Sie uns in diesem Sinne gemeinsam arbeiten. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Vizepräsident Christof Rasche: Lieber Kollege Jan Matzoll, die erste Rede in diesem Plenarsaal ist für jeden etwas Besonderes. Herzlichen Glückwunsch dazu.
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