GM erleichtert: Fahrradwege verantwortlich für Opel-Aus in Bochum

Über das baldige Aus des Bochumer Opel-Werks wurde alles gesagt und alles geschrieben. Jedenfalls dachte ich das bis heute Nachmittag. Dann belehrte mich James Wille, CDU-Fraktionsvorsitzender in der Bezirksvertretung Bochum-Mitte, eines Besseren. Er macht zu viele Fahrradwege in Bochum für die Schließung des Opelwerks verantwortlich. Der Hintergrund: Die Bezirksvertretung diskutierte munter über einen Vorschlag der Verwaltung zur Einrichtung eines Fahrradwegs an der Castroper Straße. Kein großer Wurf, aber ein kleiner Lichtblick in einer der fahrradunfreundlichsten Städte Deutschlands. Zustimmung erhielt das Vorhaben von SPD, Grünen und Linken, die FDP äußerte nachvollziehbare Kritik an der Umsetzung.

CDU-Krachschläger und Autofahrer-Lobbyist James Wille (CDU) jedoch redete sich in Rage und zeichnete ein einfaches Weltbild: Autoverkehr bedeutet Aufschwung und Lebensqualität, der Fahrradverkehr ist ein nur auf Nebenstraßen zu tolerierendes Übel. Zudem verdanken es die Radfahrer ja dem vom Autoverkehr herbeigeführten wirtschaftlichen Aufschwung, dass überhaupt Geld für Radwege da ist. Als wäre das nicht schon absurd genug, warf er der Verwaltung und der rot-grünen Koalition durch ihre „autofeindliche“ Politik vor, für den Weggang Opels verantwortlich zu sein. In Detroit kann man derweil aufatmen, wenn selbst Bochumer Kommunalpolitiker die Schuld für das Opel-Aus nicht mehr bei General Motors, sondern bei radfahrenden Ökos und ihren sozialdemokratischen Partnern sehen.

Aber mal ernsthaft: Natürlich steht kein Autofahrer gern im Stau oder vor einer roten Ampel. Und ja, sowas kommt in Bochum vor. Auch ich fahre Auto und freue mich nicht, wenn die Herner Straße verstopft ist. Aber der Straßenverkehr ist ein Miteinander verschiedener Verkehrsmittel. Straßenbahnen, Busse, Autos und eben auch Fahrräder. Und man muss kein Mitglied des ADFC sein, um einzugestehen, dass Bochum eine Autostadt ist und weder der ÖPNV noch das Fahrrad für die meisten Strecken eine gleichwertige Alternative darstellen.

Ach ja, als ich eben mit dem Auto auf der Herner Straße unterwegs war, bildete sich gerade ein großer Stau. Ein Autounfall blockierte die Strecke stadtauswärts. Vermutlich hatte ein rücksichtsloser Fahrradfahrer diesen Unfall provoziert. Oder die Autofahrer, bekanntlich für alles Gute auf der Welt verantwortlich, wollten einfach die Auto-Produktion ankurbeln. Wenn nur genug Opels kaputtgefahren werden, dann ist das Opelwerk in Bochum doch noch zu retten! Dann können die Autofahrer wieder auslöffeln, was uns die Fahrradfahrer eingebrockt haben. Und zum Dank baut Rot-Grün Radwege. Wie gemein!

 

Verheiratet, zwei Kinder. Grüner und Ruhri aus Leidenschaft. Politische Schwerpunkte Industrie und Klimaschutz. Im Sauerland aufgewachsen, im Ruhrgebiet zuhause. Star Wars- und Spiele-Nerd. Seit dem 14. Lebensjahr politisch aktiv und seither für eine freie, offene und faire Welt unterwegs.

Neuste Artikel

Praktikum im Landtag: Mülheimer Student erhält Einblick in die Landespolitik

Matzoll/Untrieser: NRW soll Vorreiter für Kunststoff-Kreislaufwirtschaft werden

Plenarrede: „Es ist an der Zeit, das Nordrhein-Westfalen seine Potenziale für eine nachhaltige Zukunft nutzt“

Ähnliche Artikel