Plenarrede: „Wir möchten unserer Rolle als Industrieland Nummer eins gerecht werden“

Jan Matzoll (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe FDP-Fraktion, lieber Kollege Brockes, Sie fordern in Ihrem Antrag, dass die Landesregierung mehr tun muss, um Investitionen in NRW zu fördern. Genau dies hat unsere Wirtschaftsministerin Mona Neubaur mit dem Vorschlag eines Investitionsboosters getan.

Sie reden gerne davon, dass wir nicht nach Berlin zeigen sollen. Gleichzeitig sind Sie aber nicht bereit, anzuerkennen, dass die Zukunft der Wirtschaft in unserem Land, des Industriestandorts Deutschland und insbesondere des besonders energieintensiven Industriestandorts NRW ganz maßgeblich davon abhängt, dass Land und Bund an einem Strang ziehen.

Das Beispiel Microsoft hat doch, allen Unkenrufen aus der SPD zum Trotz, gezeigt, wie erfolgreich wir sein können, wenn alle Ebenen – Kommunen, Land und Bund und oftmals auch Europa – an einem Strang ziehen und die gemeinsamen Interessen im Blick haben, unabhängig von den jeweils vertretenen Parteifarben.

Herr Brockes, was Sie mit Ihrem Antrag fordern, ist mitnichten, dass Land und Bund an einem Strang ziehen sollen. Sie fordern doch gerade die komplette Aufgabe der NRW-Wirtschaftspolitik, und Sie fordern, dass NRW stattdessen einfach nur noch durchwinken soll.

(Ralf Witzel [FDP]: Durchwinken ist nicht unser Anspruch, auch nicht primär!)

Das ist nicht unser Anspruch, und das ist auch nicht der Anspruch unserer Wirtschaftsministerin.

(Ralf Witzel [FDP]: Was ist denn deren Anspruch?)

Wir möchten unserer Rolle als Industrieland Nummer eins gerecht werden.

(Zuruf: Wo denn?)

Ich bin Mona Neubaur deshalb dankbar, dass sie sich offensiv für die Interessen NRWs einsetzt. Stichwort „Bundesratsinitiative Kraftwerksstrategie“: Da wäre es bequem gewesen, das Ganze FDP-like einfach durchzuwinken. Stattdessen hat Mona Neubaur aber sehr deutlich gemacht, dass das für NRW nicht ausreichend ist.

Herr Brockes, Sie wissen auch ganz genau, wer auf Bundesebene die Kraftwerksstrategie verzögert und kaputtgespart hat.

(Zuruf von der FDP)

Das war Ihr ehemaliger Fraktionsvorsitzender Christian Lindner.

Eine Unterstützung bei Investitionen, um die Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität zu koppeln, ist im Jahr 2024 unabdingbar.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Ja, die Wirtschaft in diesem Land braucht unsere Unterstützung, um die Rezession zu unterbrechen, damit Arbeitsplätze in der Industrie auch in Zukunft erhalten bleiben. Sie braucht aber vor allem Entlastung. Auch hier müssen alle Ebenen daran arbeiten, die Bürokratiekosten zu minimieren.

Außerdem braucht die Wirtschaft wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Dabei kommen wir um das Thema „bezahlbare Energiepreise“ nicht herum.

Mir ist bewusst, dass der Kohleausstieg 2030 der FDP ideologisch ein Dorn im Auge ist. Die SPD hat sich mit den Aussagen in der vergangenen Woche diesem Klub der Kohlefreunde ja auch wieder angeschlossen.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Nach langem Stillstand kommen wir bei den Erneuerbaren endlich maßgeblich voran und entscheiden morgen über einen Landesentwicklungsplan, der nicht weniger als eine energiepolitische Revolution darstellt.

Die Wirtschaft in NRW muss ihre CO2-Emissionen reduzieren, damit auch künftige Generationen in NRW und auf diesem Planeten eine Zukunft haben.

(Zuruf von der AfD)

Dabei ist das einzig Sinnvolle, diese zwei großen Herausforderungen mit einem gemeinsamen starken Instrument anzugehen –

(Ralf Witzel [FDP]: Einen Investitionsbooster wollen Sie!)

einem Investitionsbooster, der Unternehmen bei klimafreundlichen Investitionen entlastet.

Als Zukunftskoalition ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, dass diese Zukunft nicht ohne eine Transformation zur Klimaneutralität gelingen kann. Diese Klimaneutralität muss durch technische Innovationen und durch Technologieführerschaft gelingen – und eben nicht durch Produktionsrückgänge.

Beim FDP-Vorschlag wird der Anreiz, eine Investition zu tätigen, leider nicht damit zusammengedacht, Anreize für einen klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft schaffen. Damit verschließt er die Augen vor dem dringenden Handlungsbedarf angesichts der Klimakrise und dem Weg, den die Wirtschaft bereits geht. Er verpasst die Chance, Klimaschutz und Wirtschaftswachstum zusammenzudenken. Daher lehnen wir den Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Verheiratet, zwei Kinder. Grüner und Ruhri aus Leidenschaft. Politische Schwerpunkte Industrie und Klimaschutz. Im Sauerland aufgewachsen, im Ruhrgebiet zuhause. Star Wars- und Spiele-Nerd. Seit dem 14. Lebensjahr politisch aktiv und seither für eine freie, offene und faire Welt unterwegs.

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